17.03.2017

Erfurter Stadtwerke finden Käufer für millionenschweres Aktienpaket

Erfurt

HKCF fungierte als Transaktionsberater für die Stadtwerke Erfurt


Die Stadtwerke haben von einem kommunalem Zweckverband ein verbindliches Angebot für ihr Multimillionen Euro schweres Paket an Gas-Aktien erhalten. Das bestätigte am Freitag der Geschäftsführer Peter Zaiß. Ein Verkauf der Aktien, dem noch der Stadtrat in einer Sondersitzung am 5. April zustimmen muss, würde ein jahrelanges Pokerspiel beenden, den Stadthaushalt entlasten und den Stadtwerken einen größeren finanziellen Spielraum für Investitionen verschaffen.

Dass der mit dem potenziellen Käufer vereinbarte Preis pro Aktie 11 Euro beträgt, wie unsere Zeitung erfuhr, bestätigte Zaiß nicht. Er zeigte sich aber "unheimlich stolz auf das Verhandlungsergebnis". Bei den knapp 5,4 Millionen Aktien am Erdgas-Unternehmen VNG, die im Besitz der Stadtwerke sind, würde ein Aktienpreis von 11 Euro auf eine Verkaufssumme von rund 60 Millionen Euro hinauslaufen.

52 Millionen Euro müssten für die Tilgung der Kredite aufgebracht werden, mit denen die Aktien erworben wurden. Den Überschuss von 8 Millionen Euro wollen die Stadtwerke unter anderem dafür verwenden, der Stadt bei der Finanzierung der Bundesgartenschau (Buga) zu helfen.

Investitionen in erneuerbare Energien

Das war zwar ohnehin geplant. Doch das zusätzliche Geld ermöglicht es dem kommunalen Unternehmen, die für die Jahre der Buga-Vorbereitung eigentlich gestrichene Gewinnausschüttung an die Stadt von einer Million Euro jährlich nun doch wieder auszuzahlen.

Durch die Rückzahlung des Mega-Kredites steigt zudem die ohnehin gesunde Eigenkapital-Quote der Stadtwerke auf über 80 Prozent. Die gewonnene Flexibilität für Kredite und der restliche Überschuss aus den Aktien soll für Investitionen in erneuerbare Energien genutzt werden. Damit werde der Stadt auch geholfen, ihre Klimaschutzziele zu erreichen, sagte Zaiß. Konkret sind Investitionen in Windparks oder Solaranlagen geplant.

Zudem soll das neue Geschäftsfeld der Kälteversorgung von Wohngebieten entwickelt werden. Dabei schwebt Zaiß die geplante ICE-City Ost als erstes Einsatzgebiet vor.

Bei dem potenziellen Käufer des Aktienpaketes handelt es sich um den Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW). OEW ist auch Großaktionär der "Energie Baden-Württemberg AG" (EnBW), die wiederum im Verbundnetz Gas (VNG) eine Mehrheit hat. Mit Widerstand gegen den Aktienverkauf in der VNG-Hauptversammlung im Mai wird daher nicht gerechnet.

Ein iranischer Investor zeigte ebenfalls Interesse und soll sogar einen deutlich höheren Aktienpreis geboten haben. Die unsichere Lage im Iran verhinderte jedoch ein verbindliches Angebot, wobei der Verkauf der Aktien in den Iran von der VNG-Hauptversammlung wohl auch abgelehnt worden wäre.

Das größte Problem der VNG-Aktien bestand in der riskanten einseitigen Ausrichtung der Beteiligungen. Der schwankende Gasmarkt wirkte sich direkt auf die Ausschüttung aus, so dass in schlechten Jahren die Zinsen für den Kredit die Gewinne übertrafen. Insgesamt habe sich das Engagement aber gelohnt, sagte Zaiß: Über die Jahre hätten die Gewinne die Zinsen um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag übertroffen.

Wegen der komplexen Interessen der Beteiligten schwankte der erhoffte Aktienpreis in den letzten Jahren zwischen einem Schrottwert und knapp 18 Euro. Der nun erzielte Preis würde dem Spatzen in der Hand gleichkommen, dem mehr Wert beigemessen wird als der Taube auf dem Dach. "Es ist ein sehr vernünftiger Preis", meinte Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD). "Das Geld können wir alle gebrauchen."

Quelle: http://www.tlz.de/