2018/04/30

Der Trend von Übernahmen wird sich fortsetzen (German language only)

Dr. Thomas Gabelmann, Partner

Köln (energate) - Übernahmen neuer Anbieter haben zuletzt den Markt für Ladeinfrastruktur geprägt. Über die Auswirkungen und die Chancen für Energieversorger im Betrieb von Ladesäulen sprach energate mit Thomas Gabelmann, Partner der Beratungsgesellschaft HKCF Corporate Finance.

energate: Herr Gabelmann, in den letzten Monaten gab es einige Unternehmensübernahmen im Bereich der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität, sehen Sie darin einen Trend?
Gabelmann: Ja, auf jeden Fall. Die Energiewirtschaft engagiert sich erkennbar als Lösungsanbieter für die Ladeinfrastruktur. Mit den Übernahmen der beiden niederländischen Ladeinfrastruktur-Spezialisten EV-Box und Newmotion durch Engie beziehungsweise Shell wird deutlich, dass sich die großen Energieunternehmen bereits als Dienstleister für die Ladesäulen-Errichtung und das Management der Ladepunkte aufstellen. Auch die in Deutschland führende Ladeinfrastruktur-Plattform für Stadtwerke, Smartlab, hat zuletzt ihre Gesellschafterbasis um weitere kommunale Partner erweitert. Absehbar ist, dass sich dieser Trend fortsetzen wird, da sich immer mehr Energieversorger rund um die Errichtung, die Zugänglichkeit und die Interoperabilität von Ladeinfrastruktur positionieren werden aber das erforderliche Know-how noch erwerben müssen. M&A kann hierfür ein gutes Mittel sein.

energate: Worin sehen Sie die Chance für die Energieversorger?
Gabelmann: Die Energieunternehmen können sich als zentrale Ansprechpartner rund um die vernetzte Infrastruktur positionieren. Dazu gehört ein innovatives Dienstleistungsangebot für Elektromobilitätsanbieter ("E-Mobility Provider", EMP) einerseits und Ladesäuleninhaber ("Charge Point Operator", CPO) andererseits. Das gelingt am besten, wenn dem elektromobilen Endkunden gut auffindbare und leicht zu handhabende Ladeoptionen angeboten und zuverlässige Bezahl- und Abrechnungsprozesse ermöglicht werden. Für ein solches Dienstleistungsangebot sind Energieversorgungsunternehmen prädestiniert.

energate: Welche Erfolgsfaktoren sehen Sie als zentral an?
Gabelmann: Sehr wichtig ist die überregionale Integration der Ladepunkte durch vernetzende Dienstleistungen und die damit dem Fahrzeugnutzer zugänglich gemachte Infrastruktur. Damit ein Netzwerk möglichst jedem Endkunden offensteht, ist ein übergeordnetes Roaming, letztlich die Nutzbarmachung unterschiedlicher Ladenetze, mittlerweile zentral. Der Energiewirtschaft stehen ganz unterschiedliche EMP gegenüber. Insbesondere können EMP in den Bereichen Automobilwirtschaft, Flottenbetrieb, Car-Sharing oder zum Beispiel der Immobilienwirtschaft entstehen. Insofern sind differenzierte Anforderungen seitens der EMP, etwa im Nutzungsprofil von Ladeinfrastruktur, zu beachten. Sicherlich ist das bei der Ausgestaltung eines diversifizierten Dienstleistungsangebots ein interessanter Vertriebsansatz. Folglich ist auch davon auszugehen, dass erstmal jeder Energieversorger in seinem Marktgebiet und im Rahmen seiner Kundenbeziehungen zu EMP eine gute Chance hat, sich als Elektromobilitäts-Dienstleister vor Ort einzubringen. Systemseitig ist die Integration der Ladeinfrastruktur in das Verteilnetz Voraussetzung und Herausforderung zugleich. Intelligenter Ladesäulenbetrieb, der zum Beispiel dem Lastmanagement dient, kann hier einen wesentlichen Beitrag leisten.

Erschienen: energate messenger vom 30. April 2018